Blechbearbeitung

Blechbearbeitung als Teildisziplin der Metallbearbeitung

Fertigungsverfahren werden laut der DIN 8580 (Wikipedia: Fertigungsverfahren nach DIN 8580) in sechs Hauptgruppen unterteilt. Dabei unterscheidet diese Norm, ob die Form des Werkstückes bei dem jeweiligen Fertigungsverfahren geschaffen, geändert oder beibehalten wird.

Hauptgruppen der Fertigungsverfahren

Änderung der Stoffeigenschaft - Blechbearbeitung

Änderung der Stoffeigenschaft

Urformen

Laut DIN8580 ist Urformen ein Fertigungsschritt, in dem aus formlosem Stoff (Gas, Flüssigkeit, Pulver, Granulat usw.) ein Erzeugnis mit einer festen geometrischen Form geschaffen wird. In Hinsicht auf die Weiterbearbeitung eines Erzeugnisses werden zwei Fertigungsansätze verfolgt.

Aluminium Blechrollen - Blechbearbeitung - Urformen
Aluminium Blechrollen
  • In dem ersten Ansatz unterscheidet sich die geometrische Form sowie die Abmessungen des durch Urformen hergestellten Erzeugnisses von dem Finalprodukt weitgehend nicht. So werden z.B. in einer Gießerei hergestellte Gussteile anschließend nur CNC-bearbeitet.
  • Im Gegensatz dazu ändert sich die Geometrie und Abmessungen des durch Urformen hergestellten Erzeugnisses in dem zweiten Fertigungsansatz. Damit entsteht hier nicht ein Werkstück, welches weitgehend einem fertigen Bauteil entspricht, sondern ein Halbzeug. Als Halbzeuge werden beispielweise Profile, Rohre, Stangen oder Bleche bezeichnet. Sie werden in weiteren Fertigungsschritten wie Umformen, Trennen oder Beschichten zum fertigen Produkt bearbeitet.

Fertigungsverfahren Metallverarbeitung

Im Allgemeinen bezeichnet man alle Fertigungsverfahren, welche metallische Halbzeuge als Ausgangsmaterial verwenden, als Metallbearbeitung. Neben der Herstellung von Einzelbauteilen auch der Zusammenbau zu funktionstüchtigen Einheiten wie Schweißgruppen zu der Kategorie Metallbearbeitung eingeordnet wird.

Aufgrund der Vielfältigkeit der Einsatzbereiche und dem enormen Bedarf an Halbfabrikate und Fertigteile aus Blech in den letzten Jahren wird oft Blechbearbeitung als eine eigene Unterkategorie der Metallbearbeitung gesehen. Unter dem Begriff „Blechbearbeitung“ versteht man also nur die Fertigungsverfahren der Metallbearbeitung, die zur Bearbeitung vom Blech geeignet sind. In der Praxis lassen sich die beiden Bearbeitungskategorien nicht eindeutig voneinander unterscheiden, da viele Baugruppen ihre Einzelteile aus beiden Domänen enthalten. Darüber hinaus werden einige Fertigungsverfahren der Blechbearbeitung auch zur Verarbeitung von Nicht-Blech-Halbzeugen verwendet.

Grundsätzlich müssen die in der Blechbearbeitung verwendeten Materialien bestimmte Eigenschaften wie Zähigkeit und Steifigkeit aufweisen. Zudem soll Blech vielfältig verformbar sein. Diese mechanisch-technologischen Eigenschaften resultieren aus dem eingesetzten Blechmaterial. So unterscheiden sich z.B. Fertigungseigenschaften eines Edelstahlbleches vom Baustahl- oder Aluminium-Blech. Aufgrund dieser Unterschiede werden abhängig von geforderten Maß-, Form- und Lagetoleranzen die geeigneten Bearbeitungsverfahren sowie technologischen Kriterien und Parameter bestimmt. Die Ausarbeitung des Fertigungsprozesses sowie die Erstellung technologischer Spezifikation für eine bestimmte Blechsorte ist mit Spezial-Know-How und oft mit mehrjähriger Fertigungserfahrung verbunden. Einige Blechbearbeiter haben sich beispielweise gezielt in der Bearbeitung vom Blech aus Edelstahl oder Aluminium spezialisiert.

Umformen von Blechen

Das am meisten verwendete Umformverfahren ist Biegen von Blechen. Durch das Anliegen einer Außenkraft verformt sich ein Blechstreifen nur in dem Wirkungsbereich dieser Kraft. Dabei muss diese Beanspruchung zwischen der Elastizitäts- und Bruchgrenze liegen. Andernfalls wird entweder keine dauerhafte Verformung erreicht oder das Blech beschädigt.

Kaltverformung

Bei der Kaltverformung eines Blechstücks kommt es zur Rückfederung nach der Kraftentlastung aufgrund der Materialelastizität. Dieses Verhalten ist u.a. von der Blechstärke, dem Biegewinkel und dem Blechmaterial abhängig und muss durch Überbiegen kompensiert werden. Anderseits muss ein Mindestbiegeradius eingehalten werden, um während des Biegevorgangs die Entstehung von Rissen zu vermeiden. Die Mindestbiegeradien sind von Werkstoffeigenschaften abhängig und für viele Blechsorten vorgegeben.
In Blechbearbeitungsbetrieben werden Bleche meistens maschinell mit Verwendung vom Biegestempel und Gesenk gebogen.
Umformen von Blechen, abkanten mit hydraulischer Abkantpresse
Umformen von Blechen - Abkanten mit hydraulischer Abkantpresse

Abkanten

Soll ein geringer Biegeradius erreicht werden, spricht man vom Abkanten. Dabei werden scharfe Kanten hergestellt. In der Industrie werden meistens hydraulische Abkantpressen mit wechselbaren Stempeln und Matrizen zur Abkantung vom Blech verwendet.
Biegen vom Blech
Biegen vom Blech

Biegen von Blechen

Um ein Blechstück auf der gesamten Fläche zu versteifen, werden rinnenartige Vertiefungen (Sicken) erzeugt. Wenn die Versteifung eines Blechstücks nur im Randbereich erforderlich ist, werden Umschläge hergestellt.
Durch ungewünschte mechanische Beanspruchung z.B. im Transport oder ungleichmäßige thermische Behandlung kann oft zum Verbiegen oder zum Verziehen vom Blech kommen. Solche Teile müssen dann durch Richten wieder in den ursprünglichen Zustand gebracht werden. Abhängig von der Verformungsursache werden Glühen und diverse Umformverfahren verwendet.

Trennen von Blechen

Beim Trennverfahren wird das überflüssige Teil des Bleches abgetrennt, bis das gewünschte Maß entstanden ist. Das spannlose Trennen lässt sich in zwei Gruppen aufteilen:
  • Das mechanische Zerteilen wie z.B. Scherschneiden, Stanzen und Wasserstrahlschneiden sowie
  • das thermische Trennen wie z.B. Plasma- und Laser- Schneiden.
Stanzen vom Blech mit Stanzpresse
Stanzen vom Blech mit Stanzpresse

Stanzen

Beim Scherschneiden gleiten zwei Schneidkeile dicht aneinander vorbei. Das sich dazwischen befindliche Blechstück wird zunächst verformt. Mit weiter steigender Beanspruchung beginnt der Schneidevorgang. Erst beim Erreichen der erforderlichen Schneidkraft kommt es zum Bruch.
Bei der Bearbeitung von höheren Stückzahlen werden oft Schneidwerkzeuge in Pressen zum Trennen von Werktücken aus Blech eingesetzt. In einem oder mehreren Hüben der Presse wird das Blechstück durch Stempel und Matrize ausgeschnitten.

Wasserschneiden

Eine weitere Methode zum Blechschneiden ist die Verwendung vom Wasserstrahl, welcher auf einen Druck von über 4000 bar gebracht ist. Um Edelstahlbleche bis zu einer Dicke von 100 mm schneiden zu können, werden oft Strahlmittel wie z.B. keramisches Pulver beigemischt. Beim Wasserschneiden entsteht keine thermische Beanspruchung. Die Schnittgeschwindigkeit ist aber im Vergleich zum thermischen Schneiden um ein Vielfaches geringer und dadurch sind die Bearbeitungskosten wesentlich höher.

Plasma-Schneiden in der Blechverarbeitung

Beim thermischen Trennen wird der Werkstoff durch einen Strahl des geeigneten Schneidegases hoch erhitzt und danach getrennt. So wird beispielweise Plasma als das hoch erhitzte Gas beim Plasmaschneiden verwendet. Durch das hohe kinematische Energie des Plasma-Strahls schmelzt der Werkstoff lokal auf und er wird aus der Trennfuge geblasen. Die maximalen Schneiddicken betragen bis zu 100 mm. Dabei lassen sich beim Plasma-Schneiden hohe Schneidgeschwindigkeiten und gute Schnittqualität erreichen.
Blechbearbeitung - Trennen - Laserschneiden
Blechbearbeitung - Trennen - Laserschneiden

Blechbearbeitung - Trennen - Laserschneiden

Die mit Hilfe von Gasen oder Festkörper-Kristallen erzeugten Laserstrahlen werden auf einem kleinen Werkstoffoberflächenbereich beim Laserschneiden gebündelt. Aufgrund der hohen Energiedichte fokussiert auf einer kleinen Fläche wird der Werkstoff bis in große Tiefe aufgeschmolzen. Beim Laserschneiden entsteht eine sehr schmale Schnittfuge mit einer glatten und sauberen Kante. Dadurch ist oft die Nachbearbeitung nicht mehr erforderlich. Laserschneiden wird für diverse Blechsorten wie Aluminium- oder Edelstahlbleche verwendet.

Fügen

Bei der Montage von Maschinen oder Anlagen werden die Einzelteile miteinander verbunden. Das Verbinden von einzelnen Teilen zu Baugruppen bezeichnet man als Fügen. Aus Funktionssicht unterscheidet man zwischen festen und beweglichen Verbindungen. Bei festen Verbindungen bleibt die Lage einzelnen Teilen zueinander gleich. Im Gegensatz dazu kann sich bei beweglichen Verbindungen die Lage der verbundenen Teile zueinander ändern.
Fügen - bewegliche Verbindung mit Schrauben
Fügen - bewegliche Verbindung mit Schrauben
Lassen sich die bereits montierten Funktionsgruppen ohne Zerstörung wieder trennen, spricht man von einer lösbaren Verbindung. Bei unlösbaren Verbindungen kann man die verbundenen Eizelteile nur mit deren Beschädigung oder Zerstörung wieder trennen.
 

Hinsichtlich der physikalischen Wirkungsweisen unterscheidet man zwischen drei Fügemethoden:

  • Stoffschlüssiges Fügen (Schweißen, Löten, Kleben, …)
  • Formschlüssiges Fügen (Bolzen, Nieten, …) und
  • Kraftschlüssiges Fügen (Schrauben, Klemmen, …)

Schweißen - Fügen von Blechen

Schweißverbindungen werden wegen ihrer technischen Vorteilen in diversen Industriebereichen sehr häufig eingesetzt. Abhängig von dem gewählten Schweißverfahren wird der Werkstoff an der Verbindungsstelle durch Reibung oder externe Wärme in plastischen oder flüssigen Zustand gebracht. Dabei kann zusätzlich noch ein Fügewerkstoff zum Füllen der Verbindungsfugen verwendet werden. Unterschiedliche Stoßarten sowie Schweißnahtformen bieten große Flexibilität hinsichtlich der Formgebung einer Schweißverbindung. Dabei zeichnen sich Schweißnähte durch hohe Festigkeit aus.

Laut ISO 4063 unterscheidet man zwischen folgenden Schweißverfahren:

  • Lichtbogenschweißen (Schutzgasschweißen: WIG, MIG und MAG, Plasmaschweißen, …)
  • Gasschmelzschweißen
  • Pressschweißen
  • Widerstandsschweißen
  • Strahlschweißen (Laserstrahlschweißen, …) und
  • Andere Schweißverfahren
Fügen von Blechen - Schweißen
Fügen von Blechen - Schweißen

Schutzgasschweißen

Beim Schutzgasschweißen wird das Schmelzbad vor dem Einfluss der Luft durch ein Schutzgas abgeschirmt. Abhängig von den der verwendeten Stahlsorte und dem gewählten Schweißverfahren werden unterschiedliche Schutzgase eingesetzt.

MIG-Schweißen

Beim MIG-Schweißen (Metall-Inert-Gas) werden teure Schutzgase wie Argon verwendet. Dieses Verfahren wird unter anderen bei dicken Blechen aus Edelstahl oder Aluminium eingesetzt. Für das Schweißen von dünnen niedriglegierten Stahlblechen wird das MAG-Schweißen (Metall-Aktiv-Gas) häufig zum Einsatz kommen. Hier werden günstigere aktive oder Mischgase verwendet. Diese Schutzgase reagieren aber mit dem Schweißbad und dadurch verschlechtern sie die Qualität der Schweißverbindung. Bei den beiden Schutzgasschweißverfahren MIG und MAG wird eine abschmelzende Drahtelektrode aus Metall eingesetzt.

WIG-Schweißen

Ein anderes Verfahren verwendet man beim WIG-Schweißen (Wolfram-Inert-Gas). Hier wird eine nicht abschmelzende Wolframelektrode in Verbindung mit einem seitlich geführten Schweißstab für den Zusatzwerkstoff verwendet. Hochlegierte Stähle und Leichtmetalle werden mit WIG-Verfahren geschweißt.
Fügen von Edelstahl-Blechen - WIG-Schweißen
Fügen von Edelstahl-Blechen - WIG-Schweißen

Beschichten

Beschichten ist das Erzeugen einer dekorativen oder schützenden Schicht auf der Oberfläche eines Erzeugnisses nach seiner Fertigstellung. Dadurch werden Oberflächeneigenschaften wie Verschleiß- oder Korrosionsbeständigkeit verbessert. Um eine robuste und langlebige Beschichtung zu erzielen, wird die Oberfläche vom Schmutz, Fett und Wasser gereinigt werden. Im nächsten Schritt erfolgt die Vorbehandlung der Oberfläche. Dabei wird ein Haftgrund und Schutz gegen Unterrosten der Lackschicht erzeugt. Als Oberflächenvorbehandlung von Stahlblechen wird Phosphatieren und von Aluminiumblechen Chromatieren verwendet.

Pulverbeschichtung von Blech - Baugruppen - Blechbearbeitung
Pulverbeschichtung von Blech-Baugruppen

Pulverbeschichtung

Erst nach der Reinigung und Vorbehandlung kann die dem Verwendungszweck geeignete Lackschicht meistens durch Spritzen aufgetragen werden. Wobei unterscheidet man zwischen Druckluftspritzen (Druckluft von 2 bis 6 bar) und Hochdruckspritzen (ohne Luftdruck, Lack bis auf 250 bar verdichtet).
Alternativ zum Nasslackieren wird häufig elektrostatisches Pulverbeschichten verwendet. Bei diesem Beschichtungsverfahren werden körnige Partikel des Pulverlacks auf ein elektrisch leitfähiges Werkstoff aufgetragen. Anschließend schmelz die aufgetragene Pulverschicht bei Temperaturen zwischen 140 und 200°C in einem Einbrennoffen und härtet aus. Mit der Pulverbeschichtung lassen sich gut haftenden Schichtdicken zwischen 60 und 120 µm erreichen.

Metall- und Blechbearbeitung haben eine lange Tradition

Über Jahrzehnte hinweg haben sich die Verfahren, die für die Blechbearbeitung heute infrage kommen, verändert und weiterentwickelt. Mehr denn je prägt sie mittlerweile ein innovativer Charakter. Tatsächlich blickt die Metall- und Blechbearbeitung aber auf eine lange Historie zurück. Schon vor mehr als 80.000 Jahren wurden die ersten, von Menschenhand hergestellten Bleche bearbeitet. Wie Archäologen in umfangreichen Untersuchungen herausfanden, bestanden die Bleche wohl aus Gold. Anders als heute, wo es Bleche in beinahe allen Abmessungen gibt, waren die ersten Ausführungen dieser Art wohl noch sehr klein. Bei ihnen handelte es sich nur um sehr kleine Bleche, die genutzt wurden, um Schmuckstücke anzufertigen.

Blechbearbeitung in Europa

In Europa setzte sich die Blechbearbeitung erst im Hoch- und Spätmittelalter durch. Damals waren bearbeitete Bleche gefragt, da sie als eine der Grundlagen von Ritterrüstungen galten. Für die erste Blechbearbeitung setzte man auf Hämmer, Walzen wurden stattdessen kaum verwendet. Die Bleche wurden mit dem Hammer so lange bearbeitet, bis sie schließlich die gewünschte Stärke hatten. Diese Form der Blechbearbeitung war im Vergleich zu den heutigen Verfahren nicht nur zeit-, sondern auch sehr arbeitsintensiv. Darüber hinaus brauchten die Handwerker sehr viel Übung und Erfahrung, um das Ausgangsmaterial in Form zu bringen. Im Mittelalter mussten für die Bearbeitung der Bleche meist mehrere Tage eingeplant werden.

Industrielle Revolution brachte maßgebliche Veränderung

Entscheidende Veränderungen brachte die Industrielle Revolution schließlich mit. Mit ihr entstanden die ersten Maschinen, die für die Blechbearbeitung genutzt werden konnten. Damit wurde vor allem der Zeitaufwand erheblich minimiert. Der geringere Zeitaufwand sorgte aber auch wiederum dafür, dass der Preis für die Blechbearbeitung sank und deutlich mehr Auswahlmöglichkeiten bei Größe, Ebenheit und Stärke zur Verfügung standen.

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